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Hallers grosse Wirkung in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur, seine unzähligen Publikationen und der reiche handschriftliche Nachlass haben Anlass zu vielen unterschiedlichen Untersuchungen gegeben. Dennoch ist Haller bei weitem nicht umfassend erforscht. Dies liegt sowohl am Umfang seines Oeuvres wie an der Vielgestaltigkeit seines Wesens und Wirkens. Haller zu erforschen, bedeutet weiterhin, sich auf ein schwieriges Terrain zu begeben.

Die Schwierigkeiten sind allerdings ein Argument, das nicht gegen, sondern für eine verstärkte Beschäftigung mit Haller spricht. Denn hinter ihnen steht die Vielgestaltigkeit und Widersprüchlichkeit, die das Jahrhundert der Aufklärung nebst eindeutigeren Programmen und Entwicklungslinien auch charakterisiert. Dies zeigen gerade die Resultate der jüngeren Aufklärungsforschung, die sich vermehrt mit der Verschränkung der verschiedenen Lebensbereiche sowie mit historisch, wirtschaftlich, politisch, geographisch und konfessionell bedingten Unterschieden im 18. Jahrhundert beschäftigt. Dabei wird nicht nur nach Inhalten und Ideologien gefragt, sondern verstärkt nun auch nach Strukturen und Praktiken, die das wissenschaftliche, kulturelle und ökonomische Leben ermöglichen und mitbestimmen.

Gerade für diese Fragestellungen ist das Beispiel Haller äusserst ergiebig. Sein Leben und Wirken spielte sich nicht nur in unterschiedlichen geographischen Räumen (Bern, Göttingen), Strukturen (Universität, Gelehrtenrepublik, Verwaltung) und auf verschiedenen Ebenen (Arzt, Dichter, Forscher, Magistrat) ab, es ist auch ausserordentlich umfangreich und genau dokumentiert. Unzählige Briefe, Akten, Handschriften und Publikationen ermöglichen den Blick auf Vorder- und Hintergründiges, auf Prozesse und Strukturen, auf Ideen und Ideologien und auf Statik und Dynamik im 18. Jahrhundert.

Die Voraussetzungen, sich genauer mit Haller zu beschäftigen, sind heute günstig. Einige grundlegende Arbeiten zu Hallers Denken, Dichtung und Medizin sowie die Edition mehrerer wichtiger Briefwechsel haben die Haller-Forschung in den letzten Jahrzehnten auf eine neue Stufe gehoben. Im Rahmen des Berner Haller-Projekts wurde die Literatur von und über Haller sowie sein ganzes Korrespondenznetz verzeichnet und analysiert. Der Zugang zu Haller wird zudem erleichtert durch eine Datenbank, die eine grosse und ständig zunehmende Menge an Texten und Informationen umfasst.